Interview Klaus Hermes und Lisa Céline Nix

Interview Klaus Hermes und Lisa Céline Nix

Die Corona-Pandemie stellte viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Veränderungen wurden angestoßen, bestehende Transformationsprozesse beschleunigt.

In unserer Mixed-Media-Interviewreihe “Pioniere des Wandels” führen wir in unregelmäßigen Abständen Gespräche mit Vordenker:innen aus der Wirtschaft, die sich besonders für den Wandel innerhalb ihres Unternehmens einsetzen.

Heute im Interview:
Klaus Hermes, ehemals CDO und derzeitiger Projektmanager &
Lisa Céline Nix, Managerin New Work und Innovative Digitale Transformation bei TotalEnergies  
im Gespräch mit Katja Nettesheim, Gründerin von Culcha.

Gemeinsam schauen sie auf die Rolle & Herausforderungen von Transformatoren durch Covid.

Wie entwickelt sich die Rolle in Unternehmen weiter?
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen jetzt und welche Maßnahmen braucht es für eine erfolgreiche Transformation?

Katja Nettesheim: Wir begrüßen Euch hier zu einer neuen Folge von „Pioniere des Wandels“, und ich habe die große Freude, heute mit zwei Vertretern von TotalEnergies zu reden, und zwar mit Klaus Hermes, Direktor zuständig für die digitale Transformation und Innovation bei “Total” – und jetzt Projektmanager für die Markenumstellung von “Total” auf “TotalEnergies”. Dazu haben wir seine langjährige Begleiterin Lisa Céline Nix, Managerin für New Work und innovative digitale Transformation bei uns, die auch zuständig für den Kulturwandel bei TotalEnergies ist,. Herzlich willkommen!

Klaus Hermes: Vielen Dank! Danke für die Einladung.

Katja Nettesheim: Ja, sehr gerne. Wir haben schon ein paar Vorgespräche geführt und deswegen freue ich mich jetzt, über die spannenden Veränderungen sprechen zu können, die Ihr beide bei TotalEnergies bewirkt habt. Vielleicht fangen wir mal mit einem kleinen Rückblick an. Ich habe gelernt, ihr habt schon 2016 mit einer strukturierten, geplanten digitalen Transformation angefangen. Klaus, vielleicht kannst du uns ein bisschen dazu erzählen, wie das damals abgelaufen ist.

Klaus Hermes: Das mach ich doch gerne. 2016 stand für mich eine neue Herausforderung im Unternehmen an.  

Ich habe dann die Idee gehabt, dass man das Thema Digitalisierung bei TotalEnergies, oder damals noch Total, doch strukturieren und koordinieren sollte und insbesondere auch nach vorne treiben sollte. Es gab schon viele Aktivitäten in unterschiedlichsten Direktionen und Abteilungen, aber um ehrlich zu sein, niemand wusste genau, wer was macht. Darüber hinaus gab es dort auch Kolleginnen und Kollegen, die dem Thema Digitalisierung sehr skeptisch gegenüberstanden und das überhaupt nicht auf ihrer Agenda hatten. So entstand die Idee, eine neue Direktion zu schaffen: Die Direktion „Digitale Transformation und Global Partners“ mit dem Aufgabengebiet die Digitale Transformation bei TotalEnergies zu implementieren, zu koordinieren und voran zu treiben.  

Im Jahr 2016 sind wir dann richtig gestartet und haben Aktivitäten aus verschiedenen Bereichen zusammengeführt und die neue Direktion durch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dann im Laufe der Zeit hinzugekommen sind, auch im Nachhinein weiter ausgebaut. In 2018, wurde unser Aufgabenfokus erweitert: ab sofort konnten wir auch das Thema Innovation treiben, was auch sehr sinnvoll war, weil die Themen Digitalisierung und Innovation doch sehr eng miteinander verbunden sind.

Katja Nettesheim: Jetzt hast du mir im Vorgespräch erzählt, ihr hattet da so einen richtigen Plan, der auf einen Zeitstrahl hinauslief. Es würde mich nicht wundern, wenn es dann bei euch so gewesen wäre, wie auch bei allen anderen: Da kam dann das Leben dazwischen.

Klaus Hermes: Richtig, genau. Als wir gestartet sind, war ja die Frage “Wie gehen wir jetzt eigentlich vor? Wie treiben wir dieses Thema Digitalisierung bei TotalEnergies voran?”

Zunächst mal haben wir uns Handlungsfelder formuliert, die wir “Handlungsfelder der digitalen Transformation” genannt haben. Was verstehen wir darunter? Ich will jetzt nicht in jedes einzelne Handlungsfeld hineingehen, aber es geht um Themen wie beispielsweise Social Media, Operational Excellence – Digitalisierung von Prozessen, um Themen wie Digital Leadership oder Antworten zu finden auf die Frage “Wie kann ich die Kundenbedürfnisse im Rahmen der Digitalisierung befriedigen?”.  

Auch später kamen noch viele neue Themen hinzu, wie zum Beispiel das Themengebiet „Innovation“ oder “New Work”. Diese Handlungsfelder waren unser roter Faden der Digitalen Transformation bei TotalEnergies. Aber es war eben kein festes Programm, sondern wir haben uns letztendlich ständig den sich verändernden Bedürfnissen unserer Kund/innen und Mitarbeiter/innen angepasst und waren damit sehr erfolgreich.  

Katja Nettesheim: Also wenn ich mich recht erinnere, habt ihr ja eine ganze Menge von Initiativen gemacht. Gibt es da eine, die ihr herausheben könntet oder wollt, in Bezug darauf, dass sie besonders oder überraschend wirksam war? Wo man gedacht hätte “Mensch, kann man mal machen, muss aber nicht” – und am Ende war es der Renner?

Klaus Hermes: Klares Ja, ganz klar.

Katja Nettesheim: Welche ist es denn? Mit “ja” lasse ich mich nicht abspeisen…

Klaus Hermes: Am Anfang dachten Viele, Digitalisierung bedeutet, da kommt jetzt jemand mit einer neuen Direktion “Digitalisierung”, der digitalisiert mir meinen Arbeitsplatz weg. Um den Leuten die Ängste zu nehmen, haben wir einen kurzen Film gedreht, indem wir erklärt haben, warum wir diese digitale Transformation vorantreiben, wieso dies wichtig für TotalEnergies ist und vor allen Dingen haben wir die folgende Botschaft unterstrichen: “Digitalisierung braucht Menschen, wir brauchen Sie.” Das war uns sehr wichtig. Das ist wirklich unser Tenor, um den Menschen und den Kolleginnen und Kollegen zu sagen “Wir brauchen euch! Digitalisierung funktioniert nicht ohne Euch!” Das hat die ersten Bedenken genommen.  

Einhergehend damit haben wir das Digital Reverse Mentoring Programm ins Leben gerufen. Seinerzeit haben wir das Thema eigentlich von Paris aufgenommen – es war mehr oder weniger nur so ein Schlagwort. Mentoring oder „Mentoren“ kannte jeder, aber “Digital“ und „Reverse Mentoring” war eigentlich unbekannt. Als ich davon hörte, habe ich gesagt, das wäre, glaube ich, etwas für Deutschland, etwas, das wir auf jeden Fall auch einführen und auch bei uns umsetzen sollten, weil das Thema Digitalisierung, wie eben schon mal gesagt, für den ein oder anderen ja durchaus auch mit Ängsten verbunden war.  

Reverse Mentoring heißt nun, dass solche Mitarbeiter/innen, die mit der Digitalisierung von Geburt an vertraut sind, also in der Regel die jüngeren Mitarbeiter/innen, den älteren Kolleginnen und Kollegen als Mentoren zur Verfügung stehen. Das heißt, es geht genau andersrum als beim klassischen Mentoring. Wir sind damals mit der Geschäftsleitung gestartet und haben die Mitarbeitenden gefragt „Wer hätte jetzt Interesse daran, Mentor für die Diko Mitglieder (“Diko”=Abkürzung für Direktionskomitee) zu sein?” Wir waren überrascht, wie hoch und wie stark die Resonanz von den jungen Kolleginnen und Kollegen war, die gesagt haben „Hey, da haben wir Interesse, das würden wir machen.” Wir haben sofort das Programm auf die N-1 Ebene erweitert.

So sind wir mit den ersten Digital Reverse Mentoring Programmen gestartet, die sehr locker waren. Ich nehme mich mal als Beispiel – damals 2016, da hatte ich das Thema Social Media irgendwie so gar nicht auf der Agenda. Darüber wollte ich gerne mehr wissen! Das war also für mich das Thema, das ich gerne mit meinem damaligen Mentor besprechen wollte. Und zwar immer in einer 1:1 Beziehung, wo wir uns dann über dieses Thema ausgetauscht haben. Das Programm ist dann wirklich sehr erfolgreich angelaufen, muss man sagen und wurde dann über die Jahre hinweg immer noch um zusätzliche Features erweitert. Da kann aber vielleicht Lisa gleich noch ein bisschen mehr zu erzählen, da sie das Thema sehr stark vorangetrieben hat und vor allen Dingen auch das Programm entsprechend erweitert hat.  

Ein Indikator für den Erfolg des Programms war letztendlich auch immer, wie groß das Interesse oder die Nachfrage seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war, so lange diese vorhanden war, haben wir das Programm am Laufen gehalten. Am Ende des Tages waren über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Teil dieses Programmes. Ich möchte noch mal unterstreichen, das dass alles auf freiwilliger Basis passiert ist und niemand dazu verpflichtet war, am Digital Reverse Mentoring teilzunehmen.  

Schlussendlich muss man sagen ist/war es eine „Win – Win Situation“ sowohl für die Mentees als auch für die Mentoren, die einen haben dazugelernt, die anderen haben sich neu vernetzt und ihr Fachwissen aus anderen Bereichen erweitert. Der Austausch fand in einer sehr vertrauensvollen 1:1 Beziehung statt, alles was besprochen wurde bleib in den jeweiligen Teams. Das muss ich sagen, ist wirklich ein Highlight im Rahmen unserer digitalen Transformation gewesen!

Katja Nettesheim: 200 ist ja echt viel…  

Lisa Céline Nix: Ich würde gerne ergänzen wollen: Es sind, Stand heute, über 300.

Katja Nettesheim: Super.

Lisa Céline Nix: Genau, im Laufe der Zeit haben wir das Digital Reverse Mentoring Programm ausgebaut und einen festen Rahmen gesetzt, der sehr stark das Peer to Peer-Learning fokussiert hat. Genau wie Klaus bereits gesagt hat, das Handlungsmotto, welches sich durch unsere digitale Transformation gezogen hat, war wirklich immer der Mensch im Fokus, als Anwender von Technologie. Und genau das haben wir versucht im Digital Reverse Mentoring Programm umzusetzen.  

Zum einen sollte Peer to Peer-Learning ermöglicht werden, aber gleichzeitig sollten auch Impulse gegeben werden, zum Beispiel aus technologischer Richtung oder aus anderen Themengebieten heraus. Hierfür haben wir neben den klassischen 1:1 Mentoring-Tandems beispielsweise eine Stand-Up Reihe initiiert, in der wir externe Referent/innen eingeladen haben, die über bestimmte Themen, die dann immer passend zu der jeweiligen Runde des Digital Reverse Mentoring Programms waren, gesprochen haben.  

Katja Nettesheim: Genau – das finde ich super. Aber wenn du sagst: „Passende Runde des Reverse Mentoring Programms“ bedeutet das, ihr habt es dann doch ein bisschen strukturiert. Es war dann irgendwann nicht mehr freie Themenwahl?

Lisa Céline Nix: Ja genau, Wir haben immer jeweils ein Programm oder eine Runde von drei Monaten durchgeführt und dafür Themenschwerpunkte gesetzt, z.B. Online Marketing, Künstliche Intelligenz und Blockchain. Im Rahmen einer Mentoren-Schulung haben wir dann Inhalte vermittelt, die zu den Themen passten, damit die Mentor/innen Grundlagenwissen aufbauen oder schon vorhandenes Wissen vertiefen konnten. Ergänzend dazu gab es dann die schon angesprochene Stand-Up Reihe und einen Blog, der weitere Inhalte und Wissen zu dem jeweiligen Thema vermittelte.  

Was in den Tandems dann tatsächlich besprochen wurde, das haben wir natürlich den Tandems überlassen. Aber als kleines Gimmick gab es zur Halbzeit und zum Abschluss des 3-monatigen Programms noch eine kleine Wissenschallenge, an der die Tandems freiwillig teilnehmen konnten. Die ersten 3 Plätze erhielten tolle Gewinne, wie bspw. eine Drohne oder eine Alexa. Das hat allen immer sehr viel Spaß gemacht! Später kamen dann noch sogenannte Austausch Cafés hinzu. Hier haben wir dann vor allem interne Referent/innen eingeladen, damit diese interne Projekte, wie z.B. den Einsatz von Voice im Vertrieb, vorstellen und fachbereichsübergreifende Synergie-Effekte erzeugt werden können.  

Katja Nettesheim: Also ihr habt auch so eine Art von „Train the Trainer“ dabei gemacht.

Lisa Céline Nix: Ja, absolut.  

Katja Nettesheim: Und Ihr habt gerade gesagt, das war “digital” oder ist “Digital Reverse Mentoring”? Stand das digital fürs Thema oder dafür, dass es von Anfang an virtuell stattgefunden hat? Oder beides?

Lisa Céline Nix: Tatsächlich stand das “digital” für das Thema und hat sich natürlich mit der Zeit auch “ins remote” entwickelt, alleine bedingt durch die Corona-Pandemie. Aber ursprünglich war der Titel Programm.

Eine weitere Initiative, die ein Highlight für uns war, war ein Trainingsprogramm zum Thema Robotics, dass wir ins Leben gerufen haben. Wir wollten damit vor allem für die Technologie begeistern und auch Berührungsängste abbauen. Darüber hinaus aber auch zeigen, dass Programmieren vielleicht gar nicht so schwer ist, wie man erst mal denkt ohne IT- oder Programmierhintergrund.  

Im Zuge dessen haben wir dann zum Beispiel den Roboter Pepper als neuen Mitarbeiter oder neue Mitarbeiterin bei uns begrüßt. Wir haben Pepper dann auch bei Veranstaltungen eingesetzt – das war wirklich toll. Mal mit so einem Roboter zu interagieren, zu tanzen oder ein High-Five zu machen – das ist schon ein Highlight für Viele und hat definitiv Berührungsängste abgebaut. Im begleitenden Trainingsprogramm haben wir dann vermittelt, wie man Pepper programmieren konnte, um den Roboter selbstständig für Veranstaltungen zu nutzen.  

Gleichzeitig haben wir noch gemeinsam mit einem Partner etwa 2-stündige Workshops angeboten, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lernen konnten einen kleinen Roboter zu programmieren, sodass dieser dann in einer Acht fahren kann. Und auch das war ein sehr großer Erfolg in dem Sinne, dass man zeigen konnte, dass Programmieren gar nicht so schwer ist, wie man denkt und somit Enthusiasmus für die neuen Technologien entwickeln konnte.

Katja Nettesheim: Super coole Idee.

Lisa Celine Nix: Das ist die eine, und die zweite große Maßnahme oder Idee ist unser Jüngstenrat, der vor zwei Jahren gegründet wurde.  

Mittlerweile genau vor 2 Jahr haben wir den Youth Council bei TotalEnergies gegründet. Das ist ein Gremium von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter 35, die die Geschäftsführung zu den Themen Innovation, New Work, Strategie, Nachhaltigkeit und dem Einsatz von Technologien beraten. In den Jüngsten Rat kann sich jeder bewerben, der Lust auf diese Aufgabe hat. Mitglied im Youth Council ist man dann „nur“ für ein Jahr. Damit sich dort keine Institution aufbaut, sondern wirklich immer frische, neue Ideen und Impulse gesetzt werden. Im ersten Jahrgang haben wir erfolgreich Challenges in Bezug auf Employer Branding und Nachhaltigkeit bearbeitet, und jetzt ist der Themenfokus natürlich sehr stark beim Thema Nachhaltigkeit aber auch Kommunikation.

Katja Nettesheim: Cool, auch das eine tolle Maßnahme. Also da habt ihr ja schon Einiges vorgearbeitet. Jetzt natürlich die Frage. Dann kam Covid und es gab ja dieses berühmte Meme: “Wer hat die digitale Transformation im Unternehmen vorangebracht? CEO, CDO oder COVID19?“ Wie war das bei euch? Hat die Corona Pandemie bei euch die Transformatoren arbeitslos gemacht oder eher als Katalysator gewirkt? Wie hat sich die Rolle der Transformatoren dadurch verändert?

Klaus Hermes: Um ganz ehrlich zu sein, hat das Thema Covid diesen ganzen Prozess noch weiter beschleunigt, da eben vieles nur noch digital stattfinden konnte und wir dadurch das Thema Digitalisierung weiter vorangetrieben haben. Man muss sagen, dass wir glücklicherweise, bevor Covid kam, eigentlich Ende 2019 alle Kolleginnen und Kollegen mit Laptops ausgestattet und Microsoft 365 eingeführt haben. Als Covid dann letztendlich nachher ausbrach und wir alle nur noch von zu Hause aus arbeiten konnten oder durften, besser gesagt, hatten wir zumindest schon mal für die technische Ausstattung aller Mitarbeitenden gesorgt.  

Was aber mindestens genauso wichtig war, war unsere Arbeit, die wir zum Thema Digitalisierung geleistet haben. Wir haben die Kolleginnen und Kollegen im Prinzip bei dem Thema Digitalisierung schon im Vorhinein unterstützt und die Berührungsängste bezüglich des digitalen Arbeitens genommen. Das heißt, wir haben eine gute Plattform dafür geschaffen, dass während Covid-19 die Kolleginnen und Kollegen ganz normal weiterarbeiten konnten, keine Berührungsängste hatten, Meetings über Teams ausführen konnten und sich digital austauschten.  

Wichtig war uns, an die Mitarbeiter/innen zu denken, die jetzt alleine zu Hause waren und keinen oder deutlich reduzierte soziale Kontakte hatten. Hierfür haben wir gemeinsam mit der Personalabteilung die Corona Calls ins Leben gerufen, in der alle 2 Wochen das TOP Management über aktuelle Themen und die Pandemie-Entwicklung berichtete. In diesen Corona Calls konnten die Mitarbeitenden ihre Sorgen und Ängste äußern und natürlich wurden alle Fragen so gut es ging und die pandemische Lage es zu ließ, beantwortet.  

Katja Nettesheim: Ihr hattet also sowohl menschlich und technologisch als auch vom Skill und Mindset her schon vorgearbeitet. Das ist tatsächlich eine sehr, sehr gute Ausgangsposition. Lisa, wenn man so drauf guckt, wie sich die Rolle von Transformern verändert – v.a. da du ja jetzt in der Zukunft den Staffelstab übernimmst: Was ist das, was du an Herausforderungen siehst, die jetzt auf Transformer zukommen, im Jahre 2022 fortfolgende?

Lisa Céline Nix: Ja, also ich sehe auf jeden Fall die Herausforderungen des hybriden Zusammenarbeitens, was ja nochmal Implikationen auf ganz viele Bereiche hat: vor allem auf die Bereiche Digital Leadership und neue Führungskultur. Heute sollte anders geführt werden, gerade im remoten und hybriden Kontext, als es in reinen Präsenz-Kulturen möglich war.

Katja Nettesheim: Da haben wir gerade ein langes Programm zu gemacht, genau deswegen!

Lisa Celine Nix: Interessant! Die Rolle des Transformators sehe ich auf jeden Fall in diesem Bereich sehr stark. Aber natürlich auch bei Fragen des Zusammenarbeitens. Gerade im hybriden Kontext sind Meeting-Kultur, Vertrauensarbeitszeit oder Fragen nach der Flexibilität und Arbeitsgestaltung relevant. Wie schafft man eine gute Work-Life-Balance? Das heißt für mich auch, dass sich die Transformatorenrolle darin wiederfindet, Impulse zu geben, neue Formate auszutesten und dann auch hier wieder auf das Peer to Peer Learning zu setzen. Insbesondere wenn es darum geht Wissen weiterzugeben und zu sagen “Hey, das hat bei uns im Bereich gut funktioniert, probier‘ das doch einfach mal aus.”

Ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiger Teil, der bei uns bisher immer gut funktioniert hat: einfach ausprobieren. Wir haben oft Sachen im Kleinen getestet und dann Feedback eingeholt. Wenn sie gut gelaufen sind, haben wir die Initiativen und Impulse dann in die Organisation getragen. Und wenn nicht, dann hat man sie eben angepasst oder die Idee verworfen und wieder was anderes ausgetestet. Zusammenfassend heißt das für mich: dass die Transformatoren mutig sein sollten, neue Ideen auszuprobieren und zu testen und das was gut funktioniert in die Organisation zu bringen.  

Katja Nettesheim: Da habe ich jetzt nur noch eine ganz haarige Frage: Was ist, bzw. wie misst man Erfolg für einen Transformator? Da hat mir noch niemand eine perfekte Antwort gegeben, also keine Sorge. Wie würdet ihr das sehen?

Klaus Hermes: Es war für uns wirklich schwierig. Wir haben natürlich auch darüber nachgedacht, ob man irgendwelche KPIs aufstellen kann, um das Ganze messen zu können. Ein Zahlenwerk haben wir nicht geschaffen, muss ich sagen. Für uns war das Feedback der Kund/innen und Mitarbeiter/innen entscheidend – und das haben wir quantitativ als auch qualitativ erheben können.  

Ein Beispiel:  Zu Anfang haben wir interne Communitys in unserem Intranet gegründet. In diesen Communities konnten sich die die Mitarbeiter/innen anmelden und Beiträge erstellen. Dort hat letztendlich dann auch ein Austausch und gegenseitiges Informieren stattgefunden. Ich muss sagen, wir sind von Null auf 100 gegangen. Wir haben in kürzester Zeit alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Community „TotalEnergies intern“ zusammengefasst. Und diese Community lebt bis heute. Dann hatten wir das Digital Reverse Mentoring. Lisa hat mich ja noch mal korrigiert – über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich und freiwillig zu diesem Thema angemeldet. Das ist für uns auch ein Indikator dafür, dass wir dieses Thema Digitalisierung erfolgreich vorangetrieben haben. Das sind also sichtbare Zahlen.  

Und dann ist das auch noch das Thema: Kultureller Wandel, das ich ja anfangs mal erwähnt hatte. Neben den ganzen Initiativen unserer Handlungsfelder und den Hard Facts haben wir einen kulturellen Wandel im Unternehmen gefördert. Und die Ergebnisse spüren wir ganz deutlich: Die Digitalisierung hat sich bei unseren Mitarbeitenden auch irgendwo im Gehirn festgesetzt. Man kann sagen, dass sich dieses “Mindset”, wie man ja heute so schön sagt, entsprechend verändert hat. Und auch das ist wiederum etwas, woran wir auch unseren Erfolg messen.  

Das haben wir zum Beispiel in einem sogenannten „Digital Readiness Check“ sichtbar dargestellt. Damals, 2016, wollten wir wissen „Wo stehen wir im Bereich der Digitalisierung?“. Ende 2020, nach gut vier Jahren Arbeit, haben wir dann dieselben Fragen gestellt und einige Soft-Faktoren ergänzt. Wir hatten eine sehr hohe Beteiligungsquote unter allen Mitarbeiter/innen. Und wenn man sich dann die Ergebnisse anschaut, kann man sagen, dass sich die Digitale Transformation bei TotalEnergies positiv entwickelt hat. Und eine Aussage macht uns persönlich sehr stolz: 79% der Befragten sehen mittlerweile in der Digitalisierung eine Chance. Das ist ein großer Erfolg, wurde doch die Digitalisierung in der Vergangenheit eher als Bedrohung denn als Chance gesehen! Entsprechend können wir sagen, unsere Botschaft zu Beginn unserer Tätigkeit: “Digitalisierung braucht Menschen wir brauchen Sie” wurde also verstanden und ist mittlerweile in der Organisation verankert.

Katja Nettesheim: Das stimmt, super. Letzte Frage, es sei denn, du willst noch was anderes hinzufügen, Lisa, aber siehst das auch in Bezug auf Employer Branding und die Wahrnehmung von TotalEnergies bei der jungen Generation? Macht das einen Unterschied? Werden eure Bemühungen wahrgenommen?

Lisa Céline Nix: In Bezug auf die digitale Transformation, oder?

Katja Nettesheim: Ja, genau. Wir hatten ja vorhin schon das Thema des ersten Jahrgangs des Jugendbeirats, und wenn ich das richtig erinnere, war da das Thema Employer Branding auch schon ein bisschen mit drin. Toll wäre es, und dann hätten wir schon ein mittelbares KPI, wenn zum Beispiel die Conversion Rates von Offers im Recruiting hochgegangen wären. Oder wenn ihr eine höhere Anzahl von Bewerbungen habt oder etwas in die Richtung. Seht ihr so etwas?

Lisa Céline Nix: Da müsste man jetzt tatsächlich Herrn Ziegler [Leiter HR] fragen.

Katja Nettesheim: Aber da kann ich ja Herrn Ziegler mal fragen, ja? [war auch ein Gast in unserer Interviewreihe]

Lisa Céline Nix: Genau. Das kann ich persönlich leider nicht beantworten. Was wir aber natürlich sehen, ist das Stimmungsbild im Unternehmen: Innerhalb dieser fünf Jahre ist mittlerweile definitiv ein sehr positiver Trend entstanden, hin zu “Pro-Digitalisierung”. Die Vorteile sind zu sehen, und das definitiv auch bei der jungen Generation.

Vielen Dank, lieber Klaus Hermes und liebe Lisa Céline Nix, für die eindrucksvollen Einblicke in Ihre Arbeit!  

Dieses Interview ist die neunte Ausgabe unserer Interviewreihe “Pioniere des Wandels”. Lesen Sie weitere Interviews mit Marko Hein, Group Director Digital & CDO bei Ravensburger, Dr. Markus Keddi, Senior Vice President Corporate HR bei der Voith Group und Enrico A. Palumbo, Head HR Learning and HR Early Talent Development bei SAP.

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